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Ernährungsgewohnheiten und Konflikte

mit Coach Simone dos Santos

Liebe geht durch den Magen – gemeinsames Kochen und gemeinsames Essen sind feste Bestandteile einer Beziehung. Gehen die Essgewohnheiten in einer Partnerschaft weit auseinander, etwa weil einer der Partner abnehmen will oder eine bestimmte Ernährung wie Paleo, eine ketogene Ernährung oder eine vegane Ernährungsweise verfolgt, kann dies zu Konflikten führen. Wie geht man damit um, wenn Mahlzeiten zum Streitthema werden und wie lassen sich Kompromisse finden?

Themenübersicht

Wie Ernährung die Beziehung beeinflusst

Essen ist mehr als reine Nahrungsaufnahme. Gemeinsame Mahlzeiten, zusammenzusitzen, in Gesellschaft zu essen und dabei zu kommunizieren, sind ein sozialer Akt. Oft findet beim Essen der Austausch über den Tag statt; gemeinsames Kochen, sich gegenseitig vom Teller probieren lassen, kann eine Beziehung beflügeln.

Genauso wie Essen einer Beziehung guttun kann, kann es ihr auch schaden: Laut einer Studie des Dating-Portals Elitepartner streiten sich 13 Prozent der Deutschen Paare wegen ihrer Essgewohnheiten. Eine weitere Studie des Portals gibt an, dass Paare, bei denen Essen und gemeinsames Kochen wichtige Bestandteile der Partnerschaft sind, mehrmals pro Woche Sex haben. Stimmen die Essgewohnheiten, stimmt auch die Beziehung, möchte man da meinen.

Tatsächlich lässt sich der Einfluss des gemeinsamen Essens in einer Partnerschaft auch auf weniger schöne Art und Weise beobachten: Wie eine Untersuchung deutscher Forschender zeigt, nehmen Paare, sobald sie zusammenziehen, zu. Die Gewichtszunahme ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass sich mit der Beziehung auch die Essgewohnheiten ändern. Hierfür spricht auch, dass Partner nach einer Trennung wieder abnehmen.

Typische Konflikte rund ums Essen

Sind die Essensvorlieben in einer Beziehung sehr unterschiedlich, kann dies zu Konflikten führen. Das zeigt schon der Fakt, dass viele Onlinedating-Portale die Ernährungsweise inzwischen mit ins Profil aufgenommen haben. Neben musikalischen Vorlieben, politischem Interesse und sportlichen Hobbys wird hier regulär auch die Frage “Vegan / Vegetarisch” beantwortet.

Du bist, was du isst

An und für sich müsste es ja gar nicht groß zum Thema werden, wenn zwei Partner jeweils ihr eigenes Süppchen kochen – der eine halt in Hühnerbrühe, der andere mit Gemüsewürfeln. Oft ist es jedoch so, dass gerade wenn ethische Aspekte im Hintergrund einer Ernährungsweise stehen, sich deren Anhänger eben auch sehr über ihre Ernährung definieren. Den meisten Veganern geht es nicht allein um den Geschmack, sondern um ihre ethischen Werte. Anders als über Geschmack, lässt sich hierüber (leider) streiten, denn zentrale ethische Grundwerte verbinden und bestimmen über unsere Beziehungen, sei es nun zu Freunden oder zum Partner. Der Fleischverzehr des Partners wird dann als Wertedifferenz erlebt. Gleichzeitig erschwert dieser Unterschied gemeinsame Aktivitäten wie essen gehen, gemeinsames kochen etc.

Anders sieht es aus, wenn der Partner sich ketogen ernährt, wir aber partout nicht auf unsere Kohlenhydrate verzichten wollen oder können. Hier steckt seltener eine ethische Überzeugung hinter, was dazu führt, dass beide Partner sich gegebenenfalls vernachlässigt und nicht genügend ernst genommen fühlen. “Unser ketogener Partner verdirbt uns den Spaß am Essen!” vs. “Unser nicht-ketogener Partner führt uns ständig mit Snacks in Versuchung!”. Hier hilft es, sich in Toleranz zu üben und sich zu fragen, wieso uns das Verhalten des anderen überhaupt so aufregt.

“Ich kenne solche Konflikte aus meiner eigenen Beziehung”, erzählt Coachin Simone dos Santos im PRIME TIME fitness-Interview, “mein Mann kocht gern abends und wir essen deshalb immer relativ spät. Dabei habe ich eigentlich das Bedürfnis, früher, also vor 18 Uhr zu Abend zu essen. Da stehen das Bedürfnis meines Mannes, an lieb gewonnen Gewohnheiten festzuhalten, und mein Bedürfnis nach Gesundheit, im Widerspruch zueinander.”

Lösungsansätze

“In Sachen unterschiedliche Essgewohnheiten einen Kompromiss zu finden, könnte zum Beispiel. sein, dass man abwechselnd kocht oder häufiger essen geht”, sagt Simone dos Santos, “ich mag nicht immer, was mein Mann kocht, aber ich esse es trotzdem. Wenn es mal gar nicht meinem Geschmack entspricht, dann sitzt er vor seinen Nudeln und ich bestelle mir mein Sushi, weil mir danach ist und keiner ist auf den anderen sauer. Wichtig ist, sich selbst treu zu bleiben. Authentisch zu sein und sich nicht zu verbiegen, nur um dem anderen einen vermeintlichen Gefallen zu tun.”

1 Der Mittelweg

Beschließt unser Partner vegan zu werden, könnte eine mögliche Lösung lauten, zu weniger Fleischkonsum überzugehen. Kaum jemand wird von einem Tag auf den nächsten zum Veganer, das heißt, ein Kompromiss könnte eine gemeinsame Entwicklung zu weniger Fleisch sein. Den Weg zur veganen Ernährung können also beide Partner gemeinsam gehen, auch, wenn möglicherweise nur einer von beiden den Weg bis zum Schluss geht.

2 Getrennte Töpfe

Manche Paare schlafen in getrennten Betten, andere kochen mit getrennten Töpfen – wenn sich für unterschiedliche Ernährungsweise partout kein Kompromiss finden lassen will, etwa weil unser Partner sich ketogen ernährt und wir bei dieser Ernährungsweise mit starken Nebenwirkungen zu kämpfen haben,  hilft möglicherweise nur der Griff zu getrennten Töpfen. Die gute Nachricht: die meisten radikalen Ernährungsweisen haben zumindest doch einen gemeinsamen Nenner mit anderen Ernährungsweisen. Nehmen wir beispielsweise die ketogene Ernährungsweise unseres Partners, könnten wir uns hier Beilagen zu der ketogenen Hauptmahlzeit kochen. Andersherum haben ketogene und omnivore Partner mindestens die vegetarische Beilage als kleinsten gemeinsamen Nenner.

3 Gemeinsame Aktivitäten rund ums Essen

Nur weil unser Essen sich von dem unseres Partners unterscheidet, bedeutet dies nicht, dass wir unser Essen nicht gemeinsam zubereiten und genießen können. Essen ist ein wichtiger Bestandteil einer Beziehung, deshalb sollten wir uns nicht von unterschiedlichen Essgewohnheiten den Geschmack am gemeinsamen Essen verbieten lassen.

Wieso streiten wir uns überhaupt?

Die verschiedenen Lösungsstrategien zeigen es: bleiben wir auf der rein sachlichen Ebene, können Ernährungskonflikte ziemlich einfach gelöst werden. Wieso wir uns dennoch so schwer damit tun, weiß Expertin Simone dos Santos.

“Streiten sich zwei Partner aufgrund ihrer Essgewohnheiten, möchte ich eine Frage stellen”, sagt Coachin Simone dos Santos, “warum stört es mich überhaupt, wenn mein Partner vegan werden möchte?” In einem Restaurant stört es uns ja auch nicht, wenn wir unterschiedliches bestellen. Für ein genaueres Coaching müsste ich natürlich mehr Hintergrundkenntnisse haben und die ganze Geschichte kennen, aber ein erster Tipp vorab: meist geht um einen intrapersonellen, also um einen inneren
Konflikt, der sich im Essenskonflikt manifestiert. Die dahinter liegenden Bedürfnisse müssen also im ersten Schritt herausgefunden werden.”

Meist steckt hinter unseren vordergründigen Streitereien also ein tiefer reichender Konflikt: So geht man in der Paartherapie davon aus, dass wir in einer Partnerschaft das suchen, was uns die eigenen Eltern nicht geben konnten. Gewissermaßen versuchen wir in unserer Partnerschaft also ständig einen unserer eigenen Mängel auszugleichen – zumindest, wenn wir uns nicht irgendwann bewusst mit unseren Problemen und Schwächen beschäftigte. Die beste Basis für eine Beziehung ist nämlich die Liebe zu uns selbst.

So verhinderst du es, wegen Essen zu streiten

Wie man einen Streit um unterschiedliche Essgewohnheiten verhindert, weiß Simone dos Santos: “ich komme von der GFK – der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg. Klarheit erlangt man hier durch die Schritte: 

1. Schritt: Beobachtung (Was ist genau passiert? Ohne zu beurteilen)
2. Schritt: Gefühl (Welches Gefühl löst es in mir aus?) Hinter einem Gefühl steckt ein
unerfülltes Bedürfnis
3. Schritt: Bedürfnis
4. Schritt: Wunsch/Bitte

Aus meiner persönlichen Sicht gibt es eigentlich keinen Grund, sich zu streiten. Aber natürlich kommt Streit auf, wenn der Partner von mir verlangt, sein Bedürfnis zu erfüllen. Wenn dann auch der gegenseitige Respekt und das Verständnis für den anderen fehlen, kommt es zwangsläufig zum Konflikt. Wie erwähnt ist das Thema „Essen“ hier meist nur vordergründig und die dahinter liegenden Quellen sind zu eroieren, das, was im Verborgenen liegt.”

Was mache ich, wenn ich mir ernsthaft Sorgen aufgrund der Essgewohnheiten meines Partners mache?

Nicht immer sind wir “nur” genervt von den Verhaltensweisen unseres Partners. Mitunter machen wir uns auch ernsthaft Sorgen, zum Beispiel, wenn wir befürchten, unser Partner könnte in eine Essstörung rutschen oder ähnliches. Auch in diesem Fall hilft es, offen zu reden. 
“Bei Ängsten und Befürchtungen ist es am besten, darüber zu sprechen”, sagt Simone dos Santos, “erklären Sie Ihrem Gegenüber, was Ihre Befürchtungen sind, zum Beispiel „ich habe Sorge, dass du zu wenig Vitamine und Mineralstoffe,
Eisen zu dir nimmst.“

Weg von den Vorwürfen und dem Wunsch, den Partner zu verändern, hin zu einer offenen Kommunikation, eigenen Themen und Verletzungen: so lassen sich für Beziehungsprobleme leichter Lösungen finden. Ob nun auf dem Teller oder anderswo.

Wie gehe ich als Paar mit unterschiedlichen Essgewohnheiten um?

Wer mit sich selbst zufrieden ist, kann auch anderen gegenüber großzügiger sein. Die beste Lösung im Umgang mit Konflikten rund um die Ernährung ist deshalb, erst einmal mit sich selbst ins Reine zu kommen. Um konkreter zu werden: Steht zum Beispiel der Veganismus unseres Partners zwischen uns und unserem Partnern, sollten beide Partner konkret überlegen, was sie genau an der Verhaltensweise des anderen stört. “Wieso habe ich ein Problem damit, dass mein Partner nicht auf tierische Produkte verzichten mag? Wenn ich doch aus Überzeugung handle, wie kann sein Verhalten dann etwas an meiner Haltung ändern?” Andersherum sollten wir uns als omnivorer Partner fragen, wieso das vegane Essverhalten des Partners uns triggert. Ist es der Spiegel, der uns so vorgehalten wird? Würden wir selbst gern weniger Fleisch essen, weil das besser zu unseren ethischen Überzeugungen passt und ärgern wir uns am Ende über uns selbst, dass wir es nicht schaffen?

Fakt ist, wen uns unsere Partnerschaft wirklich wichtig ist, lohnt es sich fast immer, einem Streit auf den Grund zu gehen, damit er sich lösen lässt. Voraussetzung ist dann allerdings, dass wir die Lösung in uns, und nicht in unserem Partner suchen.

Fazit

Ernährung und alles was dazu gehört – gemeinsames Kochen, der Austausch bei einer Mahlzeit, das gemeinsame Sitzen – ist ein wichtiger Teil einer Beziehung. Wenn ein Partner seine Ernährungsgewohnheiten ändert, kann dies durchaus zu Konflikten in der Beziehung führen. Was dann hilft, sind Kompromissbereitschaft und ein genauer Blick auf die innere Haltung: Was ist es, was uns an den Ernährungsgewohnheiten unseres Partners stört? Ist es wirklich das Essverhalten oder steckt dahinter möglicherweise noch etwas anderes? Stören wir uns womöglich an unserem eigenen Verhalten? Je mehr wir uns selbst auf die Spur kommen, desto größer ist die Chance am Tisch einen Kompromiss zu finden, denn eines ist klar: Eine intakte Beziehung schafft auch den Spagat zwischen Steak und Spinat.

Bei Fragen zur richtigen Ernährung, sprich uns gern an. Wir helfen dir gern, egal ob keto, vegan oder vegetarisch. Am 14.02.02.2022 findest Du auf unserem Youtube-Kanal ein Live-Webinar mit Coach Simone dos Santos zum Thema “Ernährungsgewohnheiten und Konflikte”. Sei mit dabei und stell uns deine Fragen – wir freuen uns auf dich!