Ohne den Makronährstoff Protein kein Muskelaufbau. Als Sportler weißt du das sicher, doch braucht es dafür tatsächlich Magerquark und Hähnchenbrust oder kannst du auch mit pflanzlichen Proteinen dieselben Ergebnisse erzielen? Worin stecken pflanzliche Proteine und wie kombinierst du diese sinnvoll miteinander? Die Antworten verraten dir PRIME TIME Trainingskoordinator Tim Suchland und Thomas Kany, Dozent der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, im Expertengespräch.
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Makronährstoff Protein: Der Baustoff aus dem deine Zellen sind
Warum ist Protein überhaupt so wichtig? Protein ist der Makronährstoff, aus dem deine Zellen bestehen. Das sagt übrigens schon der Begriff, der sich vom Griechischen ‘proteios’, was so viel wie erstrangig, grundlegend bedeutet, ableitet. Ohne Protein geht sozusagen gar nichts; deine Zellen brauchen Proteine, um Aminosäuren und Enzyme herzustellen, dein Immunsystem benötigt den Makronährstoff für die Produktion von Abwehrstoffen und auch deine Muskeln, Haut, Haare sowie dein Binde- und Stützgewebe ist auf Protein als Baustoff angewiesen.
Proteine sind aus einer Vielzahl von Aminosäuren – für ein Protein sind mindestens 100 Aminosäuren aneinander gereiht – aufgebaut. Von den Aminosäuren gibt es sowohl essenzielle Aminosäuren, die dein Körper benötigt, aber nicht selbst herstellen kann, semiessenzielle oder bedingt essenzielle Aminosäuren, die dein Körper im Normalfall selbst bilden kann, von denen er aber zeitweise – zum Beispiel bei Verletzungen, Krankheiten, oder in der Schwangerschaft – mehr benötigt und diese extern zugeführt braucht. Die letzte Gruppe der Aminosäuren stellt die Gruppe der nichtessenziellen Aminosäuren dar. Diese kann dein Körper selbst produzieren.
Protein musst du extern über deine Nahrung zuführen, da es, anders als Kohlenhydrate, die dein Körper im Fall einer Mangelversorgung selbst aus Fett herstellen kann, nicht synthetisiert werden kann. Aus dem Grund solltest du bei deiner Ernährung deinen Proteinbedarf im Auge behalten. Entgegen aller Gerüchte ist es übrigens schwierig Protein überzudosieren, wie PRIME TIME Trainingskoordinator Tim Suchland aus eigener Erfahrung weiß: “Bei mir hat man erst ab 3 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht Veränderungen der Blut- und Harnwerte bemerkt. Mein Körper hat das Protein wieder über den Harn ausgeschieden” Ein derartig hoher Konsum ist zwar nicht schädlich, aber unnötig, da dein Körper das Protein offensichtlich ohnehin nicht mehr nutzen kann. Sofern du kein Bodybuilder bist, sind 0,8 – 1,5 Gramm pro Kilo Körpergewicht vollkommen ausreichend.
Biologische Wertigkeit: auf die Kombination kommt es an
Ohne Quark und Fleisch keine Muskeln ? Das stimmt so nicht. “Prinzipiell, lässt sich sagen, dass man sowohl mit pflanzlichen als auch mit tierischen Proteinquellen Muskeln aufbauen – und vor allem auch leben kann”, sagt Tim Suchland, “könnte man als Veganer nicht überleben, hätten es die 1,1 Millionen Veganer in Deutschland ganz schön schwer. Man braucht weder Fleisch noch andere Proteinquellen tierischen Ursprungs.”
Biologische Wertigkeit
Der entscheidende Unterschied zwischen pflanzlichem und tierischem Protein liegt in der biologischen Wertigkeit. Diese beschreibt die Fähigkeit deines Körpers, zugeführtes Protein in körpereigenes Protein umzuwandeln. Eine biologische Wertigkeit von 1oo, wie Vollei sie hat, gilt dabei als Referenzwert. “Es gibt auch pflanzliche Proteine, die nah an den Index von 100 herankommen”, sagt Tim Suchland, “ganz entscheidend ist dabei aber immer, wie wir Proteine miteinander kombinieren.” Dies gilt aber genauso für tierische Proteine. (Du kannst zum Beispiel die Wertigkeit von Vollei, das allein konsumiert eine biologische Wertigkeit von 100 hat, in Kombination mit Kartoffeln auf 136 erhöhen.) Die Mischung aus pflanzlichen und tierischen Produkten ist dabei besonders gut.
“Tierische Proteine haben den Vorteil, dass sie unseren Zellen von der Struktur bereits sehr ähnlich sind, und deshalb oft besser verwertet werden können”, sagt Tim Suchland, “pflanzliche Proteine haben dagegen den Vorteil, dass sie neben Proteinen auch noch wertvolle Mikronährstoffe und Ballaststoffe mitliefern. Es gibt also für beides Vor- und Nachteile.” Auch Thomas Kany spricht sich für “das gesunde Mittelmaß” aus: “Ich habe früher eine Ausbildung zum Heilpraktiker gemacht. Damals wurde Milch verteufelt. Heute gibt es sogar Studien dazu, dass Milch das Herzinfarktrisiko senkt.” Studien seien, deshalb, so Kany, immer mit Vorsicht zu genießen. “Tierische Produkte sind per se nicht krebserregend. Es kommt dabei immer auf die Zubereitung an. Verkohltes, geräuchertes Fleisch ist natürlich nicht gut für den Darm. Tierisches Eiweiß, Fleisch, Fisch ist aber an und für sich eine sehr gute Proteinquelle.”
Welche pflanzlichen Proteinquellen gibt es?
Pflanzliches Protein hat viele Vorteile. Auch wenn du auf tierisches Protein nicht verzichten magst, ergibt es durchaus Sinn, vegane Proteinquellen wie Chiasamen, Nüsse und Tempeh in deine Ernährung mit einzubeziehen, da sie dich mit jeder Menge Mikronährstoffen sowie Ballaststoffen versorgen und viele ungesättigte Fettsäuren enthalten. Pflanzliche Lebensmittel mit einem hohen Eiweißgehalt sind zum Beispiel Sojaprodukte, Hülsenfrüchte wie Linsen oder Bohnen, Quinoa, Haferflocken oder auch Brokkoli.
“Man sollte sich aber auch überlegen, ob man aus Tierliebe oder aus ökologischen Aspekten auf Fleisch verzichten möchte”, sagt Thomas Kany, denn auch pflanzliche Lebensmittel haben nicht immer eine positive Ökobilanz. So wird beispielsweise Soja, das häufig als Ersatz für Milch- und Fleischprodukte auf den Teller kommt, in Monokulturen angebaut, wofür Regenwälder abgeholzt und Menschen aus ihrem Lebensraum vertrieben werden. Empfehlenswert sind deshalb Lupine, die hier angebaut werden und einen ähnlichen Proteingehalt wie Soja haben. Auch veganes Proteinpulver kann eine wertvolle Ergänzung sein. “Das schmeckt lange nicht mehr so sandig wie früher”, sagt Tim Suchland.
Pflanzliches oder tierisches Protein? Warum nicht beides!
“Ob man ausschließlich vegane Proteinquellen zu sich nehmen möchte, ist letzten Endes eine Frage der Ethik”, sagt Thomas Kany. Für den Muskelaufbau macht es keinen Unterschied, ob du Fleisch isst oder nicht und du kannst auch mit einer cleveren Kombination pflanzlicher Proteinquellen eine hohe biologische Wertigkeit erzielen. Falls dir Magerquark und Hähnchenbrustfilet gut schmecken, und du nicht darauf verzichten magst, musst du dir genauso wenig Gedanken machen. Auch Lebensmittel tierischen Ursprungs haben ihre Vorteile, solange du nicht ausschließlich von Wurst und geräucherten Produkten lebst. “Ich bin kein Fan von Extremen”, sagt Tim Suchland, “die besten Ergebnisse erzielt man, wenn man tierische und pflanzliche Proteine miteinander kombiniert. Da hat man das Beste aus beiden Welten.”
Du hast Fragen zu einer ausgewogenen Ernährung, deinem individuellen Proteinbedarf oder der biologischen Wertigkeit? Sprich uns an! Zusammen entwickeln wir einen Ernährungsplan, der in dein Leben passt und dich bei deinen individuellen Zielen unterstützt.