Wer an einer Laktoseintoleranz leidet, den plagen nach dem Genuss von Milchprodukten Bauchschmerzen, Durchfall und Verdauungsprobleme. Nicht immer weisen Probleme des Magen-Darm-Trakts jedoch tatsächlich auf eine Nahrungsmittelunverträglichkeit hin, weshalb es wichtig ist, Ursachen abzuklären. Die PRIME TIME -Experten Traininingskoordinator Tim Suchland und Thomas Kany, Dozent der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheit, verraten dir hier, wie sich eine Laktoseintoleranz entwickelt und sich feststellen lässt, welche Nahrungsmittel du bei einer Laktoseintoleranz meiden solltest, und wieso laktosefreie Ersatzprodukte für dich als gesunder Mensch schädlich sein können.
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Was ist eine Laktoseintoleranz?
Milch, Quark und Joghurt gehören zu deinen liebsten Eiweißlieferanten nach dem Training? Dann gehörst du sehr wahrscheinlich nicht zu den rund 15 % der Deutschen, die an einer Laktoseintoleranz leiden. Die Laktoseintoleranz ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, bei der Milchzucker, auch Laktose genannt, der in Milchprodukten natürlich enthalten ist, nicht oder nur schwer vertragen wird. Die Laktoseintoleranz ist keine Allergie, denn anders als bei einer Milchallergie (oder auch anderen Allergien), bekämpft das Immunsystem hier nicht etwa einen bestimmten Stoff. “Beschwerden entstehen bei einer Laktoseintoleranz dadurch, dass der Körper zu wenig Laktase produziert”, erklärt PRIME TIME Trainingskoordinator Tim Suchland. Das Enzym spaltet den Milchzucker auf, sodass dieser vom Darm aufgenommen werden kann. Liegt zu wenig Laktase vor, gelangt der Milchzucker unverdaut in den Darm und sorgt hier für eine Reihe von Verdauungsproblemen: dem Darm wird Wasser entzogen und es kann zu Durchfall kommen, oder es entstehen unangenehme Gase bei der Verdauung.
Formen der Laktoseintoleranz: angeborene und erworbene Laktoseintoleranz
Laktoseintoleranz kann angeboren sein oder erst später entstehen. Bei der primären Laktoseintoleranz produziert der Körper nicht genügend Laktase, um Milchzucker zu verdauen. Meist entwickelt sich die Nahrungsmittelunverträglichkeit zwischen dem fünften Lebensjahr und der Pubertät, seltener kann sie auch schon im Säuglingsalter auftreten. “Babys tolerieren Milch meistens, weil ihr Körper dafür gemacht wurde, Muttermilch zu verdauen”, sagt Thomas Kany. Je älter wir werden, desto wahrscheinlicher wird es, dass der Körper keine oder nur eine unzureichende Menge Laktase produziert.
Im Unterschied zu der primären Laktoseintoleranz stellt die Darmschleimhaut bei der sekundären Laktoseintoleranz die Produktion von Laktase erst in Folge einer Schädigung ein. “Das kann passieren, weil die Darmschleimhaut verletzt ist, weil wir Stress haben oder an einer chronischen Entzündung leiden”, sagt Tim Suchland. Die positive Nachricht ist hier: So wie die Unverträglichkeit erst durch eine Schädigung erworben wurde, kann sie auch wieder weggehen, sobald die Darmschleimhaut wieder intakt ist und die zugrundeliegende Ursache beseitigt wurde.
Laktoseintoleranz nimmt im fortschreitenden Alter zu und ist regional unterschiedlich stark verbreitet
Wie viel Laktose wir vertragen, ist individuell unterschiedlich. Auch die genetische Veranlagung und die Herkunft spielen hier eine Rolle. “Laktoseintoleranz nimmt von Süden Richtung Norden zu”, sagt Ernährungsexperte Thomas Kany, “das macht auch Sinn: Keiner von euch hat schon mal eine Kuh auf Eisschollen gesehen, deshalb ist der Körper die Verdauung nicht gewohnt. ”
Symptome der Laktoseintoleranz
Beschwerden bei einer Laktoseintoleranz finden sich hauptsächlichen im Magen-Darm-Trakt. Zu den typischen Symptomen zählen:
- Blähbauch, Blähungen
- Völlegefühl
- laute Darmgeräusche
- Bauchschmerzen
- Übelkeit, Erbrechen
Auch Kopfschmerzen und Niedergeschlagenheit sind Symptome. “Manche Symptome sind eher unspezifisch”, sagt PRIME TIME-Trainingskoordinator Tim Suchland, “ob man an einer Unverträglichkeit leidet, muss deshalb vom Arzt abgeklärt werden. Das geht mittlerweile ganz schnell und unkompliziert.”
Wie teste ich mich auf eine Laktoseintoleranz?
Typischerweise wird Laktoseintoleranz mittels eines Atemtests ermittelt, bei dem der Wasserstoffgehalt nach dem Trinken eines Glases Milch gemessen wird. Dieser ist bei einer Laktoseintoleranz meist erhöht. “Der Körper kann, wenn er zu wenig Laktase produziert, kein Laktat abbauen und es entsteht Wasserstoff”, erklärt Thomas Kany. „Solche Tests gehen ruckzuck und man hat die Sicherheit“, sagt Tim Suchland, der sich selbst schon auf Laktoseintoleranz hat testen lassen.
Welche Nahrungsmittel solltest du bei einer Laktoseintoleranz vermeiden?
Leidest du an einer Laktoseintoleranz, solltest du, je nach Schweregrad der Unverträglichkeit, Milchprodukte reduzieren oder ganz vermeiden. „Für Leute mit einer Laktoseintoleranz gibt es heute fast alles in laktosefrei und eine Wahnsinnsauswahl, um die Lebensqualität zu erhalten“, sagt Tim Suchland. Auch wenn du ausnahmsweise nicht auf Milchprodukte verzichten magst oder kannst – zum Beispiel, weil du zum Essen eingeladen bist – gibt es die Möglichkeit, Laktase-Tabletten einzunehmen, die das Spalten des Milchzuckers übernehmen, aber Achtung: Die Tabletten sollten nur bei einer diagnostizierten Intoleranz eingenommen werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass dein Körper die Produktion von Laktase einstellt oder herunterfährt. Aufpassen solltest du zudem auf verstecken Milchzucker in Industrieprodukten. ‘”Das Problem ist, dass Milchzucker vielen Produkten beigefügt wird und auch in Süßigkeiten steckt”, sagt Tim Suchland. Das macht es teilweise schwierig, sich bedarfsgerecht zu ernähren.
Der Hype um laktosefreie Produkte und warum du dir keinen Gefallen damit tust
Die Auswahl laktosefreier Ersatzprodukte hat auch eine Schattenseite: laktosefreie Ernährung ist zum regelrechten Hype geworden und immer mehr Menschen, denen Milchzucker keinerlei Probleme bereitet, greifen freiwillig zu Ersatzprodukten. Davon ist unbedingt abzuraten: “Man tut sich nichts Gutes damit, prophylaktisch laktosefrei zu essen“, sagt Thomas Kany, „so verringert sich die Fähigkeit des Körpers Laktase herzustellen.“ Laktosefreie Produkte haben außerdem den Nachteil, dass ihnen anstelle von Milchzucker oft andere Zuckerarten hinzugefügt werden. „Man sollte sich immer fragen: Wenn da kein Milchzucker drin ist, was ist dann für ein Zucker enthalten?”, sagt Tim Suchland, “laktosefreie Milch ist oft viel, viel süßer als normale Milch. Das liegt daran, dass hier zusätzlicher Zucker zugeführt wurde.“ Statt zu laktosefreier Milch zu greifen, können auch Soja-, Hafer- oder Mandeldrinks eine Alternative sein. Manchmal hilft es auch schon, die Milchart zu ändern. „Es gibt kleine Unterschiede in den verschiedenen Milcharten”, sagt Ernährungsexperte Thomas Kany, “in Kuhmilch sind ungefähr 4,73 Gramm Laktose enthalten, in Schafsmilch sind etwa 4,58 und in Ziegenmilch 4,28 Gramm. Der Unterschied ist zwar nur eine Nachkommastelle, aber es kann trotzdem sein, dass das schon den Unterschied macht und man Ziegenmilch verträgt, Kuhmilch aber nicht.“
Ist Milch gesund oder nicht?
“Trinkst du Milch?” Die Frage sorgt bei vielen für eine echte Diskussion. “Ich bin doch kein Kalb!”, “Milch macht krank!”, “Ich bekomme von Milch schlechte Haut”, sind nur einige der Argumente der Milchgegner. Tatsächlich steht Milch nicht nur bei Veganern regelmäßig in Verruf. “Ich habe früher eine Ausbildung als Heilpraktiker gemacht”, sagt Thomas Kany, “ich kann mich erinnern, dass zu der Zeit Milch sehr kritisch gesehen wurde, weil sie bei Erkältungen den Hals verschleimt.” Milch stand in der Vergangenheit zudem zeitweise in Verdacht. das Krebsrisiko zu erhöhen und Herzkrankheiten zu begünstigen. Inzwischen gibt es hier jedoch Studien, die genau das Gegenteil beweisen: Insbesondere Vollfett-Milchprodukte sollen ein wirksames Mittel gegen Fettleibigkeit sein und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken. “Da ändern sich die Studien immer wieder”, sagt Experte Thomas Kany erklärend, “das ist ähnlich wie bei Eiern. Die werden auch mal gehyped und dann wieder kritisiert.“
Feststeht aber, dass Milch und Milcherzeugnisse aufgrund ihres hohen Eiweißgehalts den Muskelaufbau unterstützen, und reich an Calcium, Vitamin B12, Vitamin B2, Phosphor und Magnesium sind. Ein Muss ist Milch dennoch nicht. „Viele Leute trinken Milch wegen des hohen Calciumgehalts“, sagt Thomas Kany, “dafür braucht man aber nicht unbedingt Milch. Brokkoli ist auch ein toller Calcium-Lieferant, oder Orangensaft…Es gibt da genügend Alternativen.” Ob du Milch trinken willst oder nicht, ist letzten Endes auch eine ethische Frage: Möchtest du mit deinem Lebensmittelkonsum Tierleid verantworten? „Milch wird von so vielen Kühen aus Massentierhaltung zusammengeschüttet – da ist auch Eiter aus den entzündeten Eutern dabei. Es ist eine Einstellungssache, ob man das konsumieren möchte“, sagt Tim Suchland, der selbst gern Mandeldrink statt Kuhmilch zu sich nimmt.
„In Deutschland ist Nahrung oft billig, billig, billig“, bestätigt Thomas Kany, „wir sind nicht gerade bekannt dafür, viel Geld für unsere Lebensmittel auszugeben.” Schade, denn wer bereit ist, für Qualität zu zahlen, minimiert Tierleid: Kühe, deren Milch für Bio-Milch verwendet wird, müssen nur die Hälfte der Menge an Milch geben, wie Kühe aus konventioneller Tierhaltung. Letztere bekommen kaum Gelegenheit zum Grasen und werden mit Mais und Kraftfutter gefüttert. Das macht sich auch an den Inhaltsstoffen bemerkbar: Milch von grasgefütterten Kühen enthält mehr Omega 3-Fettsäuren, mehr Calcium und mehr fettlösliche Vitamine. Die Investition in Bio-Milch lohnt sich also, wie auch Thomas Kany findet: “Es gibt auch Höfe, bei denen nur die Hälfte der Kuhmilch in die Milchproduktion geht und die andere Hälfte an die Kälber verfüttert werden. Die Milch ist dann zwar teurer, aber dafür ist die Milch gesünder.“
Fazit
Laktoseintoleranz ist eine Unverträglichkeit, bei der dein Körper zu wenig Laktase herstellt und Milch daher nicht verdauen kann. Die Industrie hat dafür allerhand laktosefreie Ersatzprodukte, oder du kannst, wenn du dennoch Milchprodukte zu dir nehmen möchtest, vorab Laktase einnehmen. Laktoseintoleranz ist recht häufig. Solltest du einen Verdacht darauf haben, kannst du dich ganz einfach bei deinem Hausarzt testen lassen. Prophylaktisch laktosefreie Produkte zu dir zu nehmen ist hingegen keine gute Idee, da dein Körper so nach und nach die Fähigkeit, Milch zu verdauen, verliert.
Milch trinken, oder nicht? Wie stehst du dazu, hast du noch offene Fragen, oder möchtest du wissen, an welchen Stellen du deine Ernährung noch optimieren kannst? Sprich dazu gern unser Team an – wir freuen uns auf dich!