Was ist eigentlich der Grundumsatz und welche Rolle spielt er beim Abnehmen? Diese Frage beantworten euch PRIME TIME-Trainingskoordinator Tim Suchland und Thomas Kany, Ernährungsexperte und Dozent an der Deutschen Hochschule für Gesundheitsmanagement, in diesem Webinar.
Themenübersicht
Was ist der Grundumsatz?
Unter ‘Grundumsatz‘ versteht man die Menge der Energie, die du benötigst, um überhaupt zu überleben. Der Grundumsatz sorgt dafür, dass die lebenswichtigen Körperfunktionen, wie Organfunktionen und dein Immunsystem, die Atmung und die Körpertemperaturregelung funktionieren. Der Grundumsatz beschreibt den Energieverbrauch, den du bei völliger Ruhe, wenn du nichts tust, hast und umfasst immer 24 Stunden. Dieser Energiebedarf ist bei Mann und Frau unterschiedlich und ändert sich zudem im Laufe des Lebens. Bei Frauen ist er etwas niedriger. Entscheidend sind Faktoren wie Geschlecht, Alter, Körpergewicht und Muskelmasse. Wenn du zunimmst, wird der Energiebedarf höher. Auch wenn du krank bist und Fieber hast, sich also deine Körpertemperatur ändert, steigt der Grundumsatz. Nimmst du hingegen ab, sinkt dein Grundumsatz, genau wie wenn du älter wirst. “In dem Moment, in dem das Längenwachstum abgeschlossen ist, nimmt der Energieumsatz ab”, sagt Ernährungsexperte Thomas Kany, “bei den Frauen macht der Grundumsatz mit 40, 50 Jahren, wenn man in die Menopause kommt, noch mal einen Knick und es wird weniger Energie benötigt.”
Die Energie, die mit dem Grundumsatz beschrieben wird, wird über die Makronährstoffe Fett, Proteine und Kohlenhydrate aufgenommen.
Wie lässt sich der Grundumsatz errechnen?
Der Grundumsatz ist abhängig von Faktoren wie Geschlecht, Gewicht, Alter, Körpergröße, Muskelmasse, Wärmedämmung und Gesundheitszustand. Er kann mittels folgender Formeln ermittelt werden:
- Faustformel
Männer GU = 1 kcal x Körpergewicht (kg) x 24 Stunden
Nehmen wir hier Mr. Look Good Naked, der 90 Kilo wiegt. Mr. Look Good Naked braucht dementsprechend 1 kcal x 90 Kilo x 24 Stunden = 2.160 kcal
Frauen GU = 0,9 kcal x Körpergewicht (kg) x 24 Stunden.
Nehmen wir hier Mrs. Look Good Naked, die 65 Kilo wiegt. Mrs. Look Good Naked braucht dementsprechend 0,9 kcal x 65 Kilo x 24 Stunden = 1.404 kcal
Senioren benötigen bei dieser Faustformel -0,1 kcal da sie weniger Muskelmasse haben, muskulöse Menschen benötigen 0,1 kcal mehr. - Formel nach Harris und Benedict (1919)
Hier werden das Alter und die Körpergröße mit berücksichtigt. Dadurch wird das Ergebnis genauer, denn je älter oder je größer du bist, desto mehr Energieumsatz benötigst du.
Männer: Grundumsatz (kcal / 24 h) = 66,47 + (13,7 * Körpergewicht (kg) + (5 * (Körpergröße (cm)) – (6,8 * (Alter (Jahre))
Frauen: Grundumsatz (kcal / 24 h) = 655,1 + (9,6 * Körpergewicht (kg) + (1,8 * (Körpergröße (cm)) – (4,7 * (Alter (Jahre)) - Formel nach World Health Organisation
Diese Formel unterscheidet nach dem Alter, das Ergebnis wird in KiloJoule errechnet. Für das Ergebnis in kcal die Formel x 239 = kcal / Tag
Frauen 10-18 Jahre: kg x 0,056 + 2,898
Frauen 19-30 Jahre: kg x 0,062 + 2,036
Frauen 31-60 Jahre: kg x 0.034 + 3,538
Frauen ü 60 Jahre: kg x 0,038 + 2,755
Männer 10-18 Jahre: kg x 0,074 + 2,754
Männer 19-30 Jahre: kg x 0,063 + 2,896
Männer 31-60 Jahre: kg x 0,048 + 3,653
Männer ü 60 Jahre: kg x 0,049 + 2,459
Wie viel Energie brauche ich?
Im Zusammenhang mit dem Grundumsatz und dem Kalorienverbrauch hast du bestimmt auch schon mal vom sogenannten Leistungsumsatz gehört. Dieser wird zur Ermittlung deines Kalorienbedarfs benötigt und kommt zum Grundumsatz (dem Umsatz, den du nur im Liegen hast) hinzu. Er lässt sich über den PAL-Wert bestimmen.
Wie hoch ist mein Leistungsumsatz?
Möchtest du wissen, wie viel Energie du benötigst, ist für dich nicht nur der Grundumsatz entscheidend. Du benötigst ebenso deinen Leistungsumsatz. Dieser beschreibt die Menge der Energie, die du zusätzlich zu deinem Grundumsatz durch Aktivitäten, Sport und Co verbrauchst. Den Leistungsumsatz kannst du mithilfe des sogenannten PAL-Levels, dem ‘Physical Activity Level’ errechnen. Dieser beschreibt die Menge an Energie, die du zusätzlich zum Grundumsatz benötigst, um deinen Aktivitäten nachzugehen. Der PAL ist abhängig von deiner körperlichen Aktivität und je nachdem wie viel du dich bewegst, höher. In den PAL werden sämtliche Aktivitäten – stehen, gehen, sitzen, Treppen steigen, Klavier spielen, Staubsaugen und so weiter – eingerechnet.
PAL-Faktoren
0,95 – schlafen
1,2 – sitzen oder liegen
1,4 – 1,5 – fast ausschließlich sitzen und liegen, nur wenige Freizeitaktivitäten
1,6 – 1,7 – überwiegend sitzend, zusätzlich stehende und gehende Aktivitäten
1,8 – 1,9 – überwiegend stehende und gehende Tätigkeiten
2,0 – 2,4 – körperlich anstrengende berufliche Tätigkeiten
Pro Stunde Sport, die du in der Woche treibst, kannst du 0,1 zum Freizeit-PAL addieren, das heißt, wenn du vier Mal die Woche eine Stunde lang trainierst, kannst du 0,4 addieren.
Arbeitest du im Büro, liegt dein PAL-Faktor, in der Zeit, in der du arbeitest (8 h) bei 8 x 1,4, in der Zeit, in der du schläfst (8 h), liegt er bei 8 x 0.95, bewegst du dich in deiner Freizeit, liegt der Wert für die restliche Zeit bei 8 x 1,6.
PAL Gesamt (aufgeteilt auf 24 Stunden) = (PAL Arbeit + PAL Freizeit + PAL Schlaf) = z.B. (PAL 8 x 1,4 + PAL 8 x 1,6 + PAL x 0.95). Mit diesem Faktor multipliziert du deinen Grundumsatz.
Zunehmen oder abnehmen? Grundumsatz und Leistungsumsatz
Hast du dir als Sportler das Ziel gesetzt, zu- oder abzunehmen, ist für dich vor allem die Energiebilanz entscheidend. Diese setzt sich zusammen aus Energieaufnahme und Energieumsatz. “Der Grundumsatz und der Leistungsumsatz zusammen ist die Menge der Energie, die wir über den Tag gerechnet verbrauchen”, sagt Tim Suchland, “wenn wir mehr essen, als wir am Tag benötigen, haben wir eine positive Energiebilanz und nehmen zu. Verbrauchen wir mehr, als wir essen, nehmen wir ab. Das ist der Schlüssel für eine Diät. Die Energiebilanz ist das wichtigste.” Bei einer ausgeglichenen Energiebilanz, wenn du also genauso viel isst, wie du verbrauchst, stagniert das Gewicht.
Das Ganze klingt so einfach… ist es aber nicht, denn auch Faktoren, wie Diäten, Schilddrüsenunterfunktion, Hormone und Adaptionen deines Körpers auf zu wenig Nahrung, beeinflussen deinen Kalorienbedarf. “Ob wir zunehmen oder abnehmen, hängt davon ab, wie viel wir normalerweise essen”, sagt Thomas Kany, “es kann zum Beispiel sein, dass der Körper, wenn ihr immer nur 1.900 Kalorien esst, sich auf diese 1.900 Kalorien eingefahren hat. Er hat Kurzarbeit gemacht, er hat Sparmaßnahmen getroffen und Homeoffice gemacht und jetzt wird da eine Schere auseinandergehen, wenn ihr plötzlich 2.500 Kalorien esst. Deswegen sind das alles nur Orientierungswerte.”
Ich befinde mich im Kaloriendefizit und nehme trotzdem nicht ab
Wie kann es sein, dass du trotz negativer Energiebilanz nicht abnimmst? Hier gibt es laut Thomas Kany unterschiedliche Gründe: “Es könnte sein, dass du eine Schilddrüsenunterfunktion hast. Die Schilddrüse versorgt alle möglichen anderen Drüsen. Das kannst du vergleichen mit dem Auto. Stell dir vor, du stellst da den ECO-Modus, den normalen Modus oder den Sport-Modus ein. Stell dir vor, deine Schilddrüse steht auf Eco-Modus – dann ist der gesamte Körper im Eco-Modus. Es könnte aber auch sein, dass du in deiner Ernährungsapp einen Fehler hast, oder dass du in deinem Ernährungsprotokoll nicht alles aufgeschrieben hast, was du tatsächlich gegessen hast.” Auch die Frage, was du isst – wie viel Prozente Kohlenhydrate, wie viel Fett und wie viel Eiweiß – hat Einfluss auf dein Gewicht.
Wenn du abnehmen willst und dich auf einem Plateau befindest, kann dir die Berechnung deines Kalorienumsatzes helfen. “Wichtig ist dann, mit einer Formel den individuellen Bedarf zu bestimmen und sich eine Woche lang konsequent nach einer Basis – zum Beispiel 2,500 Kalorien – zu ernähren”, sagt Tim Suchland, “dann nimmt man an Tag 1 und Tag 7 das Gewicht und schaut, was passiert ist. Wenn dann etwas anderes herauskommt und man zugenommen hat, ist jede Formel, auch wenn sie etwas anderes sagt, nicht korrekt und man muss korrigieren.”
Bist du eine Frau, ist es wichtig bei diesem Tipp, dass du deinen Zyklus berücksichtigst, da du vor deiner Periode Wasser einlagern kannst.
Makronähstoffe und ihr Einfluss auf dein Körpergewicht
Ist es möglich auch im Defizit Muskeln aufzubauen? Es gibt Studien die dies nahelegen – zumindest, wenn du genügend Eiweiß zu dir nimmst. “Es gibt Studien, in denen die Teilnehmer ein kalorisches Defizit von 500 Kalorien am Tag hatten und einige der Teilnehmer 2,6 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht am Tag zu sich genommen haben. Diese Gruppe hat insgesamt am meisten viszerales Fett abgenommen und gleichzeitig sogar noch Muskelmasse zugenommen”, sagt Thomas Kany. Grund dafür ist die Thermogenese, bei der durch die Verdauung von Eiweiß Energie verpufft. Ein hoher Eiweißanteil ist also günstig, wenn du abnehmen willst und schützt davor, Muskeln abzubauen.
Was ist, wenn ich nicht zunehmen kann?
“Ich hatte das Problem früher auch, sagt Thomas Kany – ich habe Leistungssport gemacht und konnte nur sehr, sehr schwer zunehmen. Das hat natürlich erst mal etwas mit dem Stoffwechseltyp zu tun. Der ektomorphe Typ – schmale Gelenke, hager – ist ein Schlechtfutterverwerter. Das heißt, aus der Nahrung, die du dir zuführst, kannst du nur wenig herausziehen. Wenn du zum Beispiel 4.000 Kalorien isst, kann dein Stoffwechsel nur 2.400 Kalorien verwerten. Dann gibt es andere Menschen, die brauchen nur eine Speisekarte zu lesen und nehmen zu. Das sind Gutfutterverwerter, das heißt, die können Nahrung gut verwerten. Wir haben einen Verdauungsschlauch und nur das, was resorbiert wird, können wir letztendlich verwerten. Das muss man ausprobieren. Ich habe zum Beispiel bei 4.500 Kalorien, wenn ich keinen Stress hatte, ein halbes Kilo im Monat zugenommen. Auch mit Kohlenhydrate und Eiweiß kann man da spielen. Gute Fette verwenden, Kohlenhydrate mal protokollieren und schauen, ab wann man anfängst zuzunehmen, das würde ich empfehlen.”
Muss ich für die Berechnung des Gesamtumsatzes den Anteil an viszeralem Fett kennen?
Tim Suchland: “Es ist schon wichtig zu wissen, woraus dein Körper besteht, denn die Berechnung des Grundumsatzes richtet sich nach der Muskelmasse. Wenn jemand viel wiegt, hat aber nicht viele Muskeln, ist der Grundumsatz möglicherweise geringer als gedacht.”
Wie hoch darf ein Defizit oder ein Überschuss sein?
“Mal abgesehen von Profisportlern würde ich eine Woche lang konsequent bei einem bestimmten Kalorienwert bleiben und anschließend schauen, ob ich abgenommen oder zugenommen habe, empfiehlt Tim Suchland. Dann würde ich um 500 Kalorien reduzieren und schauen, was die 3.500 Kalorien, die über die Woche eingespart wurden, bewirkt haben. Das muss man wöchentlich kontrollieren, denn der Körper ist ein Gewohnheitstier, das Energie sparen will. Man muss ihn immer wieder austricksen. Bei der Reduktion der Kalorien ist es wichtig, nicht unter den Grundumsatz zu gehen. Das ist eine Schwelle, die man nicht unterschreiten sollte. Nach obenhin würde ich vorsichtiger sein und mich um täglich 300 Kalorien steigern, nachjustieren und alles peu à peu steigern. Ich bin kein Fan von klassischen Massephasen, in denen man zu viel zunimmt und anschließend wieder abnehmen muss. Bei einer geringen Steigerung nimmt man zwar nur langsam an Muskeln zu, aber dafür ist das Ergebnis nachhaltiger und man muss im Nachhinein nicht wieder so viel Fett abnehmen.”
Welche Rolle spielt die Psyche beim Abnehmen?
Thomas Kany: “Psychischer Stress behindert das Abnehmen. Wenn wir gestresst sind, wird Cortisol ausgeschüttet, das gegen Insulin resistent macht. Ein erhöhter Cortisolspiegel erhöht das viszerale Fett. Dadurch verschieben sich die Hormone und das Abnehmen fällt schwerer.”
Darf man beim Abnehmen unter den Grundumsatz gehen?
Thomas Kany: “Nein, auf gar keinen Fall! Es gibt so einen Mindestwert. Der liegt zwischen 1.200 und 1.500 Kalorien. Egal, ob man ein Mann oder eine Frau ist, sollte man auf keinen Fall unter 1.200 Kalorien gehen, weil ansonsten nicht mehr alle essenziellen Nährstoffe zugeführt werden können. Ich hatte bei der Ernährungsberatung schon Leute, die haben nur noch 800 Kalorien zu sich genommen und nicht mehr abgenommen, weil sie schon so mit ihrem Stoffwechsel heruntergefahren waren. Der Körper geht da in einen Winterschlaf, da ist es wichtig, den Stoffwechsel wieder anzukurbeln. Man kann da mit frischem Gemüse und sekundären Pflanzenstoffen arbeiten. Wenn so etwas ist, sollte man immer eine individuelle Rücksprache führen.”
Tim Suchland: “Womit ich auch gute Erfahrungen gemacht habe, ist, das Kaloriendefizit aufzuteilen. Man kann ein Defizit von 500 Kalorien an 7 Tagen auf die Woche verteilen und an manchen Tagen mehr essen. An den Tagen, an denen man mehr isst, würde ich mehr Kohlenhydrate essen, damit der Stoffwechsel wieder hochfährt.”
Michael Remlinger: “Es gibt beim Abnehmen viele verschiedene Himmelsrichtungen, und man muss gucken, was zu einem passt. Wenn es nicht klappt, kehrt man wieder zurück in die andere Himmelsrichtung.”
Das Thema ‘Ernährung’ ist heute – in Zeiten von Fast Food, Superfoods und Verlockungen an jeder Ecke – schwieriger denn je. Damit du den Überblick nicht verlierst, helfen dir unsere kompetenten Trainer gern in allen Ernährungsfragen weiter. Sprich uns dafür einfach an – wir freuen uns auf dich.