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Neurotraining

wie Körper und Gehirn beim Training zusammenarbeiten

Kann man durch die Verbesserung von Prozessen im Gehirn seine Trainingsleistung verbessern? Genau das behauptet die Wissenschaft der ‘Neuroatlhetik‘ oder auch ‘Neurotraining‘ genannt. Neuroathletik beschäftigt sich mit dem Zusammenwirken von neuronalen Vorgängen im Sport und wie du diese für dein Training nutzen kannst. Die Methode wird bereits im Profisport genutzt. Was ist dran am Neurotraining und lassen sich Bewegungen tatsächlich durch ein bewusstes Training des Gehirns verbessern? Das verraten wir dir in diesem Beitrag.

Themenübersicht

Was ist Neuroathletik?

Neurotraining‘, auch bekannt als ‘Neuroathletik‘, ist ein Ansatz, der sich mit dem Zusammenwirken von Prozessen im Gehirn und Bewegungssteuerung auseinandersetzt. Die Methode wurde von dem Trainer und Sportwissenschaftler Lars Lienhard entwickelt. Lienhard betreute mit diesem Trainingsansatz unter Anderem die Fußballmannschaft im Zuge der WM 2014, was der Neuroathletik damals zu Bekanntheit verhalf.

Das Wort ‘Neuroathletik’ setzt sich aus dem Begriff ‘Neuron‘ und Athletik zusammen. Ein Neuron ist, kurz zusammengefasst, eine elektrisch erregbare Zelle in deinem Nervensystem, die Informationen aufnimmt, diese verarbeitet und weitergibt. Neuronale Zellen sitzen unter anderem im Gehirn und sind im Neurotraining elementar.

Normalerweise bereitet Training den Sportler auf die physischen Bedingungen des Wettkampfs vor, das heißt, Schwimmer trainieren im Becken, Sprinter auf der Laufbahn. Anders die Neuroathletik, die an einem anderen Punkt ansetzt; hier werden statt der physischen Abläufe, neuronale Abläufe trainiert und der Sportler so auf die neuronalen Anforderungen seiner Sportart vorbereitet.

Nehmen wir als Beispiel die Sportart Schwimmen, muss der Sportler hier mehr, als bei einer gewissen Geschwindigkeit durch das Wasser gleiten. Das ist zwar das, was du an der Oberfläche siehst; um die Bewegung durchzuführen, ist jedoch auch das Gehirn des Schwimmers höchst aktiv, da es die Bewegungen steuert und die Wasserlage ausgleicht. Diese Arbeit des Gehirns beziehungsweise der neuronalen Abläufe der Bewegung sollen im Neurotraining verbessert werden. Dabei stehen die Fragen, was der Sportler für seine Sportart für Anforderungen erfüllen muss und was nötig ist, um eine bestimmte Bewegung durchzuführen, im Vordergrund. Der Hauptfokus liegt hier also auf dem Gehirn, der Schaltzentrale der Informationsübertragung.

Wie arbeiten Körper und das Gehirn zusammen?

Das Gehirn ist laut Neuroathletik die eigentliche Schaltzentrale der Bewegung; deine Muskeln führen Bewegungen lediglich aus. Um eine Bewegung auszuführen, nimmt das Gehirn Informationen aus der Umwelt sowie aus dem Körperinneren und der Bewegung auf. Anhand der Auswertung dieser Informationen wird die nächste Bewegung ausgeführt. Ist ein Kanal, über den Informationen aufgenommen werde,n blockiert, können Bewegungen nicht mehr richtig umgesetzt werden. Funktionieren beispielsweise die Augen nicht korrekt, werden dir koordinative Übungen schwerfallen.

Laut Neuroathletik sind die neuronalen Vorgänge im Gehirn und Bewegungen nicht voneinander zu trennen, da sich beide stark gegenseitig beeinflussen: grundsätzlich wollen Gehirn und Körper beide das Überleben sichern. Das Gehirn weiß nicht, ob du gerade Deadlifts mit 150 Kilo durchführst, oder vor einem Löwen wegrennst und stellt sich bei der Bewegung lediglich die Frage, wie gefährlich die besagte Bewegung wohl ist. Ist sie lebensbedrohlich? Ist sie kontrollierbar?

Sobald dein Gehirn eine Bewegung nicht eindeutig zuordnen kann und die Bewegung Stress auslöst, schaltet es in den Schutzmodus. Dieser äußert sich anhand von Anpassungen, die du nicht bewusst durchführst. So kann es zum Beispiel sein, dass du weniger schnell läufst, weil du nicht gut guckst, oder aber, dass du eine Bewegung unsauber ausführst, weil dein Gehirn versucht, eine Dysbalance auszugleichen.

Neuroathletiktraining soll solche Schutz- und Kompensationsmechanismen ausschalten. Es geht natürlich nicht darum, dass du von nun an echte Gefahren ignorierst – was du aber durch Neuroathletiktraining lernst, ist  Bewegungsabläufe zu optimieren und so Vertrauen zu den Bewegungen aufzubauen.

Die Grundsätze der Neuroathletik

Um zu verstehen, wie die Neuroathletik funktioniert, musst du dich ein bisschen näher mit der Neuroathletik beschäftigen. Die Neuroathletik geht von bestimmten Prämissen aus, die grundlegend für das Training sind.

Neuroathletik-Grundsatz 1: Dein Gehirn will, dass du überlebst

Dein Gehirn will, dass du überlebst. Damit wäre die wichtigste Voraussetzung für die Neuroathletik schon gesagt, denn, um dein Überleben zu sichern, funktionieren Bewegungen am besten, wenn sie keinen Stress auslösen. Sobald dein Gehirn jedoch nicht einschätzen kann, ob du dich in Gefahr befindest, kann es zu Anpassungen und Leistungseinbüßungen kommen.

Neuroathletik-Grundsatz 2: Dein Gehirn hat drei wichtige Input-Kanäle

Um einschätzen zu können, ob du dich in Gefahr befindest oder nicht, nutzt dein Gehirn drei unterschiedliche Informationskanäle. Diese werden in der Neuroathletik als “bewegungssteuernde Systeme” bezeichnet, zu denen die folgenden zählen:

Bewegungssteuernde Systeme zur Regulierung der Bewegung:

  • visuelles System: das visuelle System beinhaltet alle Informationen, die du über deine Augen, also über das Sehen, aufnimmst.
  • Gleichgewichtssinn: “Wo bin ich? Wo ist unten, wo ist oben?” Diese Informationen übermittelt dein Gleichgewichtssinn an dein Gehirn.
  • Propriozeptives System: das propriozeptive System beschreibt, wie sich dein Körper im dreidimensionalen Raum bewegt. Hier spielen die Lage im Raum, Stellungen sowie Veränderungen der Kraft, der Geschwindigkeit, das Empfinden und Co. mit rein.

Alle Informationen, die diese drei Kanäle dem Gehirn melden, führen dazu, dass das Gehirn dich in Sicherheit weiß; siehst du gut und melden deine Rezeptoren eine stabile Position, hat dein Gehirn keine Gefahr zu befürchten und du kannst eine Bewegung sauber ausführen.

Meldet eines der drei Systeme hingegen eine Unsicherheit, wird dies vom Gehirn als Gefahr eingeschätzt und es reagiert mit Anpassungen, die deine Leistung im Sport negativ beeinflussen. Nichtkontrollierbare Bereiche werden vom Gehirn geschont, weshalb andere Bereiche nun kompensieren müssen. Du kennst dieses Beispiel vielleicht  aus dem Alltag, wenn du schon mal richtig dolle Rückenschmerzen hattest und deine gesamte Muskulatur sich versteift hat. Dies geschieht, weil dein Gehirn eine Gefahr wahrnimmt. Hier setzt das Neurotraining an, denn eine verbesserte Situationsanalyse deines Gehirns führt zu einer saubereren Bewegung.

Wie sieht ein typisches Neuroathletik-Training aus?

Ein typisches Neurotraining findet laut Lars Lienhard am besten mit dem Aufwärmen vor einer Sporteinheit an. Mit dem Neurotraining aktivierst du bereits die Muskelgruppen, die du später weiter trainierst. Dieses Prozedere kennst du zum Beispiel vom Aufwärmen vor dem Beintraining. Auch hier raten wir dir, vor fordernden Übungen, wie zum Beispiel Deadlifts oder Hip Thrusts, zunächst die Gesäßmuskulatur zu aktivieren.

Hast du ein bestimmtes Problem, ist es Bestandteil der Neuroathletik, den Grund dafür aufzudecken. Hierfür wird dir in einer ausführlichen Anamnese die Frage gestellt, wie sich die besagte Bewegung, die Beschwerden verursacht, anfühlt. Anschließend wird eine Bewegungsanalyse durchgeführt, sodass die Ursache der unsauberen Bewegung schnell aufgedeckt wird und du versuchst den “Systemfehler”, der der unsauberen Bewegung zugrunde liegt, auszugleichen. Die Effekte sind sofort nach dem Training sichtbar, es braucht jedoch etwas, bis sich die neue, optimierte Bewegung einprägt.

Laut Neuroathletik-Gründer Lars Lienhard braucht es rund 30-40 Stunden Neurotraining, bis ein Effekt zu beobachten ist. Hier ist es also wichtig, am Ball zu bleiben. Eine Möglichkeit, Bewegungsmuster zu erlernen und sauber durchzuführen, ist das Sensopro bei PRIME TIME. Hier werden Koordination und Mind Muscle Connection gezielt geschult.

Neurotraining und Schmerzen

Neuroathletik ist nicht nur für den Profisport geeignet, sondern eignet sich auch für den Breitensportler, Menschen die Schmerzen oder im Sport ein konkretes technisches Problem haben. Laut Lienhard, Gründer der Neuroathletik, sollte auch nach einer Verletzung das Gehirn mit ins Training einbezogen werden. Andernfalls riskiere man, dass das Gehirn die Bewegung als Gefahr einstuft und der Körper in eine Schonhaltung verfällt. Zu einer Reha gehöre deshalb auch immer das Neuerlernen der im Unfall beteiligten Aktivitätsmuster.

Neurotraining und Sturzprophylaxe

Nur 10 Prozent aller Bewegungen werden bewusst ausgeführt, 90 Prozent deiner Bewegungen hingegen, werden unbewusst gesteuert. Das macht Neuroathletik auch interessant für die Sturzprophylaxe. Hier lassen sich per Neuroathletik die Informationskanäle, über die das Gehirn Anweisungen für eine Bewegung ableitet, trainieren. Je voraussehbarer Bewegungen für dein Gehirn werden, desto besser bewegst du dich und desto eher hast du vermutlich auch Lust dich zu bewegen. So lässt sich zum Beispiel Gangsicherheit trainieren, indem du lernst, mit unvorhersehbaren Schritten, Bodenunebenheiten und plötzlichen Hindernissen umzugehen.

Das heißt also, wenn du im Alter weiterhin fit durchs Leben gehen willst, solltest du rechtzeitig deine Augen, dein Gleichgewicht und Gelenksbewegungen trainieren. Eine Möglichkeit, die wir dir in unserem PRIME TIME Clubs hierfür bieten, ist das Sensopro. Dieses trainiert intensiv deine koordinativen Fähigkeiten und führt so zu einer verbesserten Bewegungssicherheit.

Kritik

Bisher konnte die Wirksamkeit des Neurotrainings wissenschaftlich nicht eindeutig nachgewiesen werden, weshalb die Methode vielerorts angezweifelt wird. Auch der Transfer von unspezifischen Übungen zu spezifischen Fähigkeiten ist nicht belegt; möglich ist hier, dass Athleten, die von einem vermeintlichen Trainingseffekt durch Neurotraining berichten, hier einem Placebo-Effekt unterlegen.

Fazit

Neurotraining ist ein Training, das die neuronalen Muster einer Bewegung trainiert. Im Fokus der Trainingsmethode steht das Gehirn, das stets versucht, das Überleben zu sichern. Aus diesem Grund werden Bewegungen nur gut und gern ausgeführt, wenn dein Gehirn genaue Informationen zur Bewegung erhält. Diese Informationen erhält es über das Sehen, den Gleichgewichtssinn und das propriozeptive System. Arbeitet einer dieser Informationskanäle nur lückenhaft, erstellt das Gehirn hieraus veränderte, kompensierende Bewegungsmuster, die dazu dienen, eine Gefahr zu umgehen.

Das Training wird sowohl im Profisport als auch im Breitensport genutzt. Es ist zudem eine Möglichkeit, Schmerzen, die durch ein falsches Bewegungsmuster entstanden sind, aus dem Weg zu gehen, und Stürzen vorzubeugen.

Du hast noch Fragen zu diesem Thema, oder du möchtest etwas zu den Themen Training und Ernährung erfahren? Dann melde dich gern bei uns!